Die Marke kann die Transformation der Organisation wirksam fördern
Von Bastian Schneider
In Transformations-Prozessen wird die Bedeutung der Marke immer noch unterschätzt. Sie kann kritische Veränderungen spürbar beschleunigen sowie viele Probleme und Widerstände abmildern – wenn sie richtig eingesetzt wird.
Eine Marke ist mehr als nur das Logo eines Unternehmens. Sie ist ein im Publikum fest verankertes Vorstellungsbild – ein «positives Vorurteil», das sich stets auch durch eine über die Zeit gewachsene, emotionale Verbundenheit auszeichnet.
Intern im Unternehmen ist die Marke der sinngebende Kern, die Trägerin des Selbstverständnisses. Sie stiftet Kultur, Zusammenhalt und Ausrichtung. Sie ist Plattform für Unternehmensziele und Ambitionen und macht die Haltung des Unternehmens sichtbar.
Extern im Markt ist die Marke Anknüpfungspunkt für alle Stakeholder und hilft langfristig, ein scharfes Profil aufzubauen. Sie ist das Versprechen des Unternehmens und als guter Ruf die essentielle Grundlage für dauerhafte Beziehungen mit den Kunden. Das vielleicht beste Synonym für Marke ist: Vertrauen.
Die Marke ist die stärkste Verbindung, die ein Unternehmen zu seinen Stakeholdern hat – den externen wie den internen.
Jenseits von (kündbaren) Verträgen ist die Marke die stärkste Verbindung, die ein Unternehmen zu seinen Stakeholdern haben kann – den externen wie den internen. Was bedeutet: Für ein Unternehmen ist die Marke auch der beste Zugang zu den Menschen. Gerade wenn man sie für eine gute oder mutige Sache gewinnen möchte. Und genau dies macht die Marke zum zentralen Hebelpunkt im Rahmen von zukunftsorientierten Veränderungsprozessen.
Vor allem wenn sich vieles ändert, wenn alles im Umbruch ist, wenn Ängste und Unsicherheiten gross sind, kann eine Marke – verstanden als inhaltliche Transformations-Plattform – besonderen Nutzen stiften.
Die Marke als Kompass
Wer sind wir? Wieso braucht es uns? Was wollen wir erreichen? Was unterscheidet uns von der Konkurrenz? Was müssen wir tun, um in Zukunft erfolgreich zu sein? Zu diesen oder ähnlichen Grundsatzfragen herrschen meist viele unterschiedliche Meinungen; insbesondere wenn sich eine Organisation in einem kritischen Veränderungsprozess befindet.
Vermeintlich unüberbrückbare Sichtweisen und Haltungen werden entsprechend oft auch mit emotionaler Vehemenz vorgetragen. Viele fühlen sich der Historie und dem Status quo sehr verbunden. Neuem stehen einige oft mit grosser Skepsis gegenüber. Eine unklare Ausgangslage ist immer auch ein Nährboden für politische Spielchen. Persönliche Zukunftsängste und Frust über unklare Anweisungen, fehlende Informationen oder gescheiterte Initiativen laden die Atmosphäre zusätzlich negativ auf.
In einer solchen Situation bietet das «Thema» Marke die Möglichkeit, die Organisation in eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Zukunft zu führen und eine positive, vorwärts gerichtete Diskussion über die Kernfragen des Selbstverständnisses zu moderieren. Dabei lässt sich die Aufmerksamkeit schrittweise auf die identitätsstiftenden Gemeinsamkeiten richten, die bei allen Differenzen auch immer bestehen.
Wahrgenommene Unterschiede können so über die Zeit relativiert und z.T. sogar aufgelöst werden. Zudem lässt sich zeigen, wie sich historisch Bewährtes mit zukunftsorientiert Neuem zu etwas in Summe substanziell Besserem verknüpfen lässt. Das Verständnis für die erforderlichen Veränderungsmassnahmen wird gefördert. Geistige Barrieren und Ablehnungshaltungen werden abgebaut.
Wenn aus dem Prozess heraus eine klare Markenpositionierung erarbeitet und mit der Organisation abgestimmt ist, erreicht dieser Effekt maximale Wirkung. Eine Markenpositionierung sollte hierfür im Idealfall:
Eine Zukunftsvision beinhalten (Was treibt uns an?)
Authentisch und differenzierend sein (Was zeichnet uns aus?)
Von der Unternehmensführung getrieben sein (Was ist unsere Strategie?) und
Konkret handlungsleitend sein (Was ist dafür zu tun?).
Die Marke als Kompass stiftet auf diese Weise konkrete Zukunftsorientierung.
Die Marke als Katalysator
Ist die Marke einmal definiert, lässt sie sich sehr gut nutzen, um die strategischen Unternehmensziele für die gesamte Organisation lebendig zu machen. Insbesondere auch ein neuer oder zumindest ein erneuerter visueller Markenauftritt kann hier zusätzlich helfen – kann mit seiner Hilfe doch die angestrebte Unternehmenszukunft für alle auf hochattraktive Weise schon jetzt erlebbar und emotional greifbar gemacht werden.
Verbindet man dies mit inspirierenden Events und erlebnisstarken (digitalen) Kommunikationsmitteln, kann Aufbruchsstimmung erzeugt werden. Dabei ist das Involvieren der Mitarbeitenden entscheidend. Die Inhaltsvermittlung allein, auf die man sich oft in der Change-Kommunikation beschränkt, kann diese Wirkung in der Breite der Mitarbeiterschaft nur selten entfalten – fördert sie doch nur das Verständnis auf kognitiver Ebene. Damit aber die Herzen der Mitarbeitenden erreicht werden, sind Emotionen zu wecken und persönliche Brücken zu bauen. Und da hilft die Marke.
Besonders wertvolle Dienste leistet die Marke dann, wenn es konkret werden muss – beim Transfer der oft abstrakten, strategischen Ziele ins tägliche Tun der Mitarbeitenden.
Warum nicht ein «Markenzukunfts-Camp» veranstalten und die Mitarbeitenden in eine persönliche Auseinandersetzung mit ihrer Marke bringen?
Warum hierzu nicht einmal bei sich im Haus ein «Markenzukunfts-Camp» veranstalten und die Mitarbeitenden in eine persönliche Auseinandersetzung mit «ihrer» Marke bringen? Typische Fragen, die man dabei bearbeiten kann, sind zum Beispiel: Welche unserer Produkte und Services zahlen positiv auf unsere Marke ein? Welche sollten wir lieber sofort einstellen oder generalüberholen, weil sie in keiner Weise mehr das repräsentieren können, für das wir stehen wollen? Wo müssen wir uns jetzt zeitnah verbessern? Wo investieren? Wie wollen wir intern bestmöglich zusammenarbeiten? Oder auch: Wie verhalte ich mich als Führungskraft jetzt eigentlich im Sinne der Marke gegenüber meinen Mitarbeitenden? …
Viele Transformations-Programme scheitern genau hier. Denn sie schaffen es nicht, die strategischen Vorgaben anschaulich ins tägliche Leben zu übersetzen. Also ihre konkrete Bedeutung und Konsequenz für den einzelnen Mitarbeitenden «in einfachen Worten» wirklich verständlich zu machen. Mit Hilfe der Marke können die Mitarbeitenden viel ganzheitlicher angesprochen werden: Neben der Information (= Kopf) werden sie auf emotionaler Ebene (= Herz) berührt und zu einem markenkonformen Verhalten aktiviert (= Hand).
Als Katalysator beschleunigt die Marke so den internen Verständnisbildungsprozess.
Die Marke als Steuerrad
Die Marke bestärkt die Mitarbeitenden darin, ihre Tätigkeiten aus der Perspektive des strategischen Zielzustands zu beurteilen. Und sie werden animiert, ihren Arbeitsalltag entsprechend zu gestalten.
Will man aber nachhaltig etwas verändern, muss die erzeugte Neuorientierung über eine lange Zeit aufrechterhalten und im Detail gesteuert werden. Dies ist keine leichte Aufgabe, denn schnell drängen sich wieder die vielen alltäglichen Herausforderungen in den Vordergrund.
Aber auch hier bietet die Marke gute Möglichkeiten, um das Thema auf Dauer auf der unternehmensinternen Agenda zu halten. Eine Schlüsselrolle kommt den Führungskräften zu. Es liegt an ihnen, die Marke mit ihren Inhalten, Werten und Zielen vorzuleben und sie im Rahmen der Mitarbeiterführung aktiv zum Thema zu machen.
Zum Beispiel, indem sie dazu aufrufen, für Probleme einzigartige Lösungen im Sinne der Marke zu finden. Oder indem sie in einzelnen Arbeitssituationen anhand der Marke den Unterschied zwischen erwünschtem und nicht erwünschtem Mitarbeiterverhalten deutlich machen. Oder indem sie Projektfortschritte anhand der Markenanforderungen bewerten. Die Marke als Steuerrad bieten ihnen so täglich ein Füllhorn an Argumenten, Ideen und Möglichkeiten für die zielgerechte Führung ihrer Mitarbeitenden.
Die Marke verleiht Ambitionen Flügel
Der Einsatz lohnt sich. Eine zukunftsorientierte Marke, die in den Herzen und Händen der Mitarbeitenden lebendig geworden ist, kann eine ganze Unternehmung im Rhythmus des angestrebten Zielzustands pulsieren lassen.
Ist es erst einmal geschafft, die Mitarbeitenden auf die Marke einzustimmen, hat die Führung ein mächtiges Instrument zu Hand. Alleine mit der Marke übt sie dann Einfluss auf Denkrichtung, Haltung und Verhalten der Mitarbeitenden aus – ohne direkt und mechanistisch in die einzelnen Detailprozesse und operativen Entscheidungen eingreifen zu müssen.
Veränderungsmassnahmen ergeben für die Mitarbeitenden jetzt viel mehr Sinn. Sie sind offener für Neues und der Zukunft stärker zugewandt. Dieses markenorientierte Verständnis von Führung ist ein Weg, die Mitarbeitenden über Inhalte und Überzeugungen zu führen – und nicht über Handlungsanweisungen und Kontrolle.